Man schrieb das Jahr 1989. Zwei Männer saßen in einem Weinkeller in Gols und sinnierten mit dem einen oder anderen Glas Wein über den aktuellen Jahrgang. Dieser sollte in Kürze bei der jährlichen „Bezirksweintaufe“ der Landwirtschaftskammer am 11. November, dem Landesfeiertag zu Ehren des hl. Martin, dem Volk präsentiert werden. „Jährlich ein Höhepunkt für die Einheimischen - das könnte doch auch ein Weg sein, Gäste zu begeistern“, dachte sich einer der Herren. Dieser war Sepp Sailer – Weinliebhaber, Tausendsassa und in gewisser Art und Weise ein Revolutionär.
Bereits im Jahr zuvor, am 11. November 1988, hatte auf Initiative von Sepp Sailer in den Räumlichkeiten der Basilika Frauenkirchen das erste Mal eine Veranstaltung mit dem Namen "Martiniloben" stattgefunden – der Auftakt für eine Erfolgsgeschichte. Gemeinsam mit Paul Wendelin, dem damaligen Weinbauvereinsobmann von Gols und zweitem Mann in besagtem Keller, wurde das erste mehrtägige „Martiniloben“ in der größten Weinbaugemeinde Österreichs geplant und durchgeführt. In Gols öffneten auf Anhieb 54 Winzer:innen ihre Keller und verkosteten den neuen Jahrgang gemeinsam mit ihren Gästen. Besucher:innen und Winzer:innen waren begeistert und weitere Orte zogen mit dem Martiniloben nach.
Heute ist das Martiniloben aus der Region rund um den Neusiedler See nicht mehr wegzudenken. Fast jede Weinbaugemeinde der Region lädt an einem oder sogar an mehreren Wochenenden rund um Martini zu Weintaufen und Tagen der offenen Kellertüren ein. Dort können die jungen Weine, die bis dahin in den Weinfässern reifen durften, gemeinsam mit regionalen Schmankerln verkostet werden. Was ursprünglich ganz klein begann, ist heute kulinarischer Höhepunkt und absolutes Aushängeschild des regionalen Tourismusangebots im Herbst.